BlogAus Bier mache Brot

11. April 2020
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Bier und Brot gehen schon seit Jahrhunderten Hand in Hand. Beides braucht zur Herstellung Hefe. Ein Organismus der aus Kohlenhydraten wie beispielsweise Zucker Kohlendioxid und Alkohol herstellen kann. Stellt Hefe in einem Teig Kohlendioxid her und es kann nicht aus dem Teig entweichen, haben wir nach dem Backen ein schön luftiges Brot. Beim Bier sind neben dem Kohlendioxid natürlich auch der Alkohol von Interesse. Kohlendioxid verbindet sich im Wasser zu Kohlensäure und verleiht Bier seinen sprudligen Charakter. Zur Vollständigkeit sei hier noch erwähnt, dass die durch Hefe hergestellten Aroma- und Geschmacksmoleküle das Bier wie auch Brot ebenfalls beeinflussen können.

Wenn man über Hefe im Zusammenhang mit Lebensmittel spricht, bezieht man sich häufig auf die Backhefe oder auch Bierhefe. Eigentlich sind beide Vertreter taxonomisch identisch und wird in die Gattung der Zuckerhefen eingeteilt. Wissenschaftlich auch als Saccharomyces cerevisiae bezeichnet. “Saccharo” ist verwandt mit “Saccharose”, und steht für Zucker. “Myces” bezeichnet auf Latein “Pilz” und “cerevisiae” “aus Bier”. Zusammengesetzt ergibt das “Zuckerpilz aus Bier”. Voilà – so einfach. Jetzt haben wir heute noch etwas Latein gelernt. Neben der Backhefe/Bierhefe gibt es noch tausende von anderen Hefen in der Natur. Viele davon ohne industrielle Anwendung oder Wichtigkeit. Hefe umfasst also weit mehr als nur Bier- oder Bäckerhefe.

Mit der industriellen Herstellung von Bier und Brot haben sich Generationen von Bäckern und Brauern damit auseinandergesetzt, Hefen zu identifizieren, die für ihre jeweilige Anwendung Vorteile bieten. Sei es eine Hefe zu verwenden, die Brote schneller aufgehen oder Bier schneller klar werden liess. Damit haben sie einen kompetitiven Vorteil gegenüber allen, die keine solchen Hefen haben. Über die Jahren haben sich diese auserwählten Hefen an ihre neuen Umgebungen angepasst und sich häufig auch genetisch verändert. Biologisch spricht man von diesem Prozess auch von “Domestizierung”. Wodurch der Mensch einen Organismus an neue Gegebenheiten angepasst hat. Hauskatzen und Hunde wurden beispielsweise vom Menschen ebenfalls domestiziert und ans Leben um den Menschen angepasst. Beide Formen dieser Tiere existieren nicht in der Natur.

Bei Hefe beschreibt man die ursprünglichen Formen des jeweiligen Vertreters als wilde Hefe. Was man also heute als Hefe im Handel kauft, sind domestizierte Formen von Hefe. Eine Bäckerhefe wurde von einem Bäcker zur Herstellung von Bier angepasst. Eine Brauerhefe zur Herstellung von Bier. Damit sei auch erklärt, warum eine Bäckerhefe nicht unbedingt geeignet ist um ein Bier herzustellen, und eine Bierhefe nicht unbedingt gut zur Herstellung von Brot geeignet ist.

Mit dem Einzug von domestizierten Hefen ging häufig auch die wilde Form der Hefe in Vergessenheit. Bevor Hefe als domestizierte Form verfügbar war, wurden vielerorts Sauerstarter für die Brotherstellung verwendet. Diese Herstellungsart hat mit Aufkommen der domestizierten Hefen langsam an Bedeutung verloren und so haben nur wenige Bäckereien weiterhin ihre Brote als Sauerteigbrote hergestellt.

Was ist überhaupt ein Sauerstarter?

Ein Sauerstarter besteht aus Mehl und Wasser. Darin gedeiht und wächst harmonisch eine Vielzahl an unterschiedlichen Mikroorganismen. Verschiedenste Milchsäure-, Essigsäurebakterien und Hefen. Ein Sauerstarter wird als natürliches Triebmittel bei der Brotherstellung verwendet.

Wir schreiben Frühling 2020. Die Menschen in der Schweiz sind angehalten zuhause zu bleiben um die Pandemie von Covid19 in Schach zu halten. In vielen Supermärkten findet man keine Hefe mehr (ausverkauft). Leute, keine Panik! Heute möchte ich euch zeigen, wie man ohne domestizierte Hefe Brot backen kann. Ihr braucht etwas Geduld, Wasser und Mehl. Etwas Bier kann auch helfen – aber nicht unbedingt notwendig 🙂

Neuen Sauerstarter ansetzten

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Ein neuer Sauerstarter kann ganz einfach hergestellt werden. Dabei werden über eine Dauer von mehreren Tagen mit Wasser und Mehl langsam die Essig-, Milchsäurebakterien und Hefen die natürlich auf dem Mehl vorkommen zum Leben erweckt. Visuelle Anzeichen einer aktiven Gärung im Sauerstarter sind ein gutes Zeichen, dass vieles nach Plan läuft. Wie beispielsweise sichtbare Blasenbildung (vgl. Bild unten). Bis dieser Punkt erreicht ist, kann es je nach Mehl, Wasser und Temperatur ein paar Tage dauern. Grundsätzlich braucht man also auch eine gute Portion Geduld und etwas Glück. Denn ob ein Sauerstarter gelingt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Beispielsweise die Wahl der Mehlsorte. Roggen- und Vollkornmehl funktionieren aus meiner Erfahrung relativ gut. Weniger häufig gelingt es mir mit einem Weissmehl einen frischen Sauerstarter anzusetzen.

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Ein paar Warnungen vorneweg. Wenn ein Wachstum von Schimmelpilzen auf dem Starter sichtbar wird – Starter entsorgen. Neu anfangen. Zweitens. Der Starter riecht merkwürdig. Beim Anstellen sind unangenehme Gerüche normal. Nagellack (so in Richtung Aceton, Essigsäureethylester), leichte Essignoten oder auch sauer sind alles Gerüche die aus meiner Erfahrung häufig auftreten. Bei einigen Startern waren auch Noten von ranziger Butter oder auch Erbrochenem festzustellen, die mit weiterer Fütterung nach und nach verflogen. Falls der Starter wirklich nicht gut riecht, im Zweifelsfalle besser entsorgen und neu starten. Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch irgendwo ganz weit innen einen Instinkt hat, der entscheiden kann ob etwas gut oder schlecht ist. Sobald man zweifelt – entsorgen, neu anfangen.

Lasst uns loslegen. Wir beginnen mit einem sauberen Glas mit Schraubdeckel (halber Liter Fassungsvermögen). Tag 1: 100 g lauwarmes Wasser und 30 g Mehl vermischen. Um dem Sauerstarter etwas mehr Schub zu geben, kann auch 1 EL Zucker zugegeben werden. Oder auch getrocknete Früchte (Rosinen, Aprikosen, Datteln etc.) da viele dieser Früchte Hefen und Bakterien an der Oberfläche haben.

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Eine weitere Möglichkeit: Gebt dem Sauerstarter Hefe unserer Biere zu. All unsere Biere werden mit einer natürlichen Flaschengärung hergestellt und haben aktive Hefe in jeder einzelnen Flasche. Diese Hefe setzt sich als natürliches Sediment auf dem Flaschenboden nieder. Grundsätzlich empfehlen wir unsere Biere vor Genuss für 24 h zu kühlen und dann in ein Bierglas einzuschenken. Beim Einschenken sollte darauf geachtet werden, dass der Bodensatz in der Flasche zurückbleibt. Habt ihr euch das Bier eingeschenkt, nehmt die Flasche mit dem Bodensatz (= Hefesediment), schüttelt das Sediment mit dem letzten Bier in der Flasche auf und gebt dieses Sediment eurem Sauerstarter zu. Die Hefe aus dem Bodensatz wird sich in den nächsten Tagen langsam vermehren und eurem Sauerstarter einen guten Schub liefern. Generell kann jedes Bier, welches mit einer Flaschengärung hergestellt wurde und nicht pasteurisiert wurde dazu verwendet werden. Euer Sauerteig wird aber mit den verschiedenen wilden Blackwell Hefen eindeutig besser 🙂 Prost!

Tag 4: Dem Starter 50 g lauwarmes Wasser und 45 g Mehl zugeben und gut einrühren. Den Starter weiterhin warm stellen. In den Anfängen kann das Schraubdeckelglas noch komplett geschlossen werden. Achtung: Sobald sichtbare Aktivität sichtbar wird, das Glas mit dem Deckel nicht mehr komplett verschliessen. Um das entstehende Kohlendioxid entweichen zu lassen. Wir möchten ja keine Sauerstarter Explosion in der Küche.

Tag 7: Kontrollieren ob visuelle Zeichen einer Gärung vorhanden sind. Wie beispielsweise Blasenbildung. Falls ja, wunderbar. Geschafft! Jetzt am besten den Starter regelmässig wie unten erwähnt weiter füttern. Falls noch keine Anzeichen sichtbar sind, würde ich empfehlen drei weitere Tage abzuwarten. Falls dann noch immer keine Anzeichen sichtbar sind, besser nochmals mit einem neuen Starter beginnen. Vielleicht beim nächsten Versuch mit etwas Bier oder getrockneten Früchten nachhelfen.

Sauerstarter füttern und lagern

Sobald man mal einen aktiven Sauerstarter hat, ist es ein leichtes diesen über mehrere Wochen und Monate (oder sogar Jahre) durch regelmässiges Füttern am Leben zu erhalten. Das Füttern kann beispielsweise einmal wöchentlich erfolgen. Da ich an den Wochenenden wieder regelmässiger Brot backe, füttere ich meinen aktuellen Sauerstarter (aus Weissmehl und Blackwell Bierhefe hergestellt) am Donnerstag Abend und stelle am Freitag davon Vorteige an. Wie im Beispiel unten (Walnussbrot) genauer erklärt. Dazu passe ich jeweils die Menge an Mehl und Wasser an um am Freitag genug Sauerstarter für das Brotrezept zu haben. Falls ich keine Brote backe, reduziere ich die Menge an Wasser und Mehl.

Das Füttern selber ist relativ unspektakulär. Also bei weitem nicht so interessant wie eine Raubtier oder Pinguinfütterung im Zoo… Wird in den nächsten Tagen kein Brot gebacken, kann die Hälfte des Sauerstarters entsorgt und der Rest mit 2 EL Mehl und etwas Wasser vermengt werden. Menge an Wasser anpassen bis wieder eine leicht dicke Konsistenz erreicht ist. Dann den Sauerstarter an einem warmen Ort stehen lassen und falls nötig einen Tag später in den Kühlschrank stellen um das Wachstum zu verlangsamen. Der Sauerstarter sollte jedoch nicht eingefroren werden. Das könnte dem Sauerstarter nicht gefallen. Um den Sauerstarter aus dem Kühlschrank wieder zu aktivieren, Starter aus dem Kühlschrank nehmen und mit frischem Mehl und Wasser füttern. An einem warmen Ort ruhen lassen bis wieder Zeichen einer aktiven Gärung sichtbar sind.

Möchte der Sauerstarter für Brote verwendet werden, die Menge an Mehl und Wasser etwas erhöhen, damit ein Tag später genug Sauerstarter für den Vorteig vorhanden ist. Denkt daran immer etwas mehr Sauerstarter zu haben als nötig damit der Rest für die nächsten Brote verfügbar ist. So einfach geht das!

Walnussbrot (inspiriert durch Martin Johansson’s Rezept)

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Eines meiner Lieblingsbrote ist ein Walnussbrot aus dem Buch “Sauerteigbrot” von Martin Johansson. Von einem Brotfan an Brotfans, ein Buch das ich wärmstens empfehle. Auch für alle, die etwas tiefer in das Backen mit Sauerteig eintauchen möchten.

Das Originalrezept arbeitet mit einem Roggensauerstarter und einer Mischung aus Roggen- und Weizenmehl. Leider konnte ich in der aktuellen Lage (Frühjahr 2020, Covid-19 Pandemie, für alle die diesen Artikel später lesen) kein Roggenmehl in meinem Supermarkt finden. Musste daher das Rezept leicht anpassen. Das Rezept zeigt auch auf einfache Weise, wie man mit einem Sauerstarter ein Brot herstellt und aufgehen lässt. Dieses Vorgehen kann daher sinngemäss auf jedes andere Brotrezept übertragen werden.

Tag 1: Vorteig ansetzten (Rezept für 3 mittelgrosse Brote)

  • 300 g lauwarmes Wasser
  • 100 g Sauerstarter (Roggensauerstarter falls möglich, geht aber auch mit einem Weizensauerstarter)
  • 200 g Bio-Weizenmehl (oder Bio-Roggenmehl falls möglich)
  • Alles in einer Schüssel gut vermengen und abgedeckt über Nacht an einem warmen Ort ruhen lassen

Tag 2: Teig ansetzten und Backen

  • Vorteig (siehe oben). Dieser sollte sichtbare Zeichen von Aktivität zeigen (Blasenbildung)
  • 500 g kaltes Wasser
  • 700 g Bio-Weizenmehl (falls möglich mit 200 g Roggen- und 500 g Weizenmehl ersetzten)
  • Alles in einer Schüssel vermengen und zu einem glatten Teig formen. Je nach Typ Mehl muss die Menge an Wasser angepasst werden.
  • 20 g Salz
  • 250 g Walnüsse (ganz)
  • Zugeben und Teig abdecken. Während ungefähr 6 Stunden an einem warmen Ort ruhen lassen.

Teig dritteln und auf bemehlter Fläche zu runden Laiben formen. Auf ein mit Backpapier belegtes Backblech legen und mit etwas Mehl bestäuben. Brote nochmals 1 Stunden ruhen lassen.

Den Backofen auf 275°C vorheizen (oder einfach auf die höchste Stufe) und Brote in die Mitte des Ofens schieben. Tipp: Ein Backblech mit etwas Wasser (100 mL) unter die Brote zu schieben. Der daraus entstehende Wasserdampf führt zu einer richtig knusprigen Kruste. Nach Einschieben der Brote die Ofentemperatur auf 250°C reduzieren. Nach 15 Minuten die Ofentemperatur auf 200°C reduzieren und die Wärme durch Öffnens des Ofens entweichen lassen. Vorsicht: Der Wasserdampf im Ofen kann zu richtig schweren Verbrennungen führen. Also aufpassen! Nach weiteren 30 Minuten die Brote aus dem Ofen nehmen. Kurz mit dem Finger auf den Boden klopfen und kontrollieren, ob ein hohler Ton hörbar ist. Falls nicht, Brote nochmals in den Ofen zurück schieben bis das Brot den Klopftest besteht. Die fertigen Brote abkühlen lassen. Essen.

Bier-Pizzateig

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Ein weiteres Lieblingsrezept aus meiner Sammlung ist ein einfacher Pizzateig, der mit Bier hergestellt wird. Das Bier im Teig gibt der Pizza noch das gewisse etwas und funktioniert übrigens auch mit dunklem Bier (bpsw. Stout). Der Teig wird dann etwas dunkler in der Farbe, was die visuelle Kontrolle ob die Pizza schon fertig gebacken ist etwas schwieriger gestaltet. Aber geschmacklich allemal interessant. Die Rezept stammt aus einer Hobbybrauer-Zeitung welches ich etwas weiterentwickelt habe.

  • Für 4 runde Pizzas (30 cm Durchmesser)
  • 1000 g Bio-Weissmehl
  • 2x 330 mL Bier (bpsw. 2 Flaschen Blackwell Artemis)
  • 60 mL Olivenöl
  • 15 g Salz
  • 5 g Italienische Kräuter
  • 50 g Sauerteigstarter
  • Alle Zutaten in einer Schüssel vermengen und einem Teig formen. Teig zudecken und an einem warmen Ort über Nacht ruhen lassen.

Den Teig vierteln, zu Kugeln formen und auf einer gut bemehlten Fläche mit den Händen zu einer Pizza formen. Dieser letzte Schritt braucht etwas Erfahrung und kommt auch stark auf die Eigenschaft des Teiges an. Lässt sich der Teig einfach bearbeiten und hat eine gute Elastizität, sollte das Formen eines Pizzabodens ohne Löcher und Risse möglich sein 🙂 Den Teig auf ein Pizzablech, oder ein Backblech mit Backpapier legen. Dann nach Lust und Laune Pizza belegen.

Die Top 3 meiner Pizzabeläge:

  • Mozzarella, Schafkäse, frisch geschnittene Birnenstücke, Rosmarin
  • Tomatensauce, Mozzarella, Raclettekäse, Oregano, Basilikum, Olivenöl
  • Tomatensauce, Mozzarella, Oregano, Basilikum, Olivenöl, Rucola

Backen der Pizza: Ofen auf maximale Temperatur vorheizen und Pizza in den Ofen schieben. Backen bis der Boden eine braune Farbe gebildet hat. Pizza aus dem Ofen nehmen, in Stücke schneiden und geniessen.

Das war es soweit zur Sache Sauerteig und Blackwell 🙂 Bleibt gesund und durstig.